| FIFF 2015 | 

Das FIFF 2015 – eine Reise in und durch die Welt

— von Maren Harrer, Redakteurin von ©PuntoLatino —

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as Internationale Filmfestival von Fribourg (FIFF) lädt jedes Jahr ein, für ein paar Minuten bis Stunden in andere Welten zu reisen. Dabei beschränken sich die Welten nicht nur auf den geografischen Aspekt, sondern geben auch Einblick in lokale und soziale Gegebenheiten, Krisen und Konflikte sowie verschiedenste (Welt-)Anschauungen. Die künstlerische und cineastische Raffinität und Originalität des Regisseurs wird dabei genauso geehrt wie seine Auseinandersetzung mit dem Thema selbst.

Im Rahmen des internationalen Wettbewerbs vergibt das FIFF verschiedene Preise und prämiert so RegisseurInnen und ProduzentInnen für ihre Werke. Unter den 12 nominierten Filmen wurden zwei latinoamerikanische Filme gezeigt. Christian Díaz Pardo (MEX) erhielt mit seinem Film González (Punto Latino berichtete darüber) den höchsten Preis des FIFF, den Regard d’Or, dotiert mit CHF 30’000.

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Foto: Christian Días Pardo an der Preisverleihung, ©FIFF 2015.

 

Nebst der ofiziellen Selektion, welche die für Preise nominierten Filme beinhält, gibt es immer auch Parallelselektionen, welche in den jeweiligen Sparten Filme über auserwählte Themen, Regionen oder Völker zeigt.

Das Genrekino der diesjährigen, 29. Ausgabe des FIFF stand im Namen der Terra erotica I. Aus Lateinamerika waren gleich vier Filme in dieser Sparte vertreten. 2+2, ein Film von Diego Kaplan (ARG), lässt die Zuschauer in die intime Sphäre der gehobenen Society Buenos Aires reisen. Ein Paar lädt ein befreundetes Paar in die Kreise der Swinger ein. Nach anfänglicher Skepsis werden jedoch beide bald Feuer und Flamme für diese neue Art, ihre Sexualität auszuleben. Der Film wirkt nie obszön, gibt aber Einblick in eine Gruppe Menschen, in der eine ungehemmte Auslebung der Sexualität normal ist. Erscheint der Film zunächst eine Komödie zu sein, nimmt er gegen Ende dramatische Ausmasse an, endet jedoch mit einem „Happy End», auch wenn die fleischliche Intimität zwischen den vier Freunden auf sentimentaler Ebene viel aus- und loslöst. Als einer der letzten projizierten Filme des FIFF am Samstag Abend, vermochte er einige Lacher in den ausverkauften Kinosaal zu bringen.

 

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Foto: Die zwei (noch) befreundeten Paare, 2+2 (Diego Kaplan, Argentinien)

Ein weiterer lateinamerikanischer Film im Genrekino war Señoritas, doch dazu mehr in einem anderen Artikel (→ Link …).

Die Sparte Hommage à erlaubt einer auserwählten Person Filme zu selektionieren. Dieses Jahr gab man die sogenannte „Carte blanche» Ossama Mohammed, einem syrischen Filmemacher und Drebuchautor.

Die von ihm gewählten Filme zeigen Syrien und deren Menschen und wie sie mit der unmenschlichen Situation in ihrem Land umgehen. Die Bilder sind ebenso aussdrucksstark und emotional wie die Dialoge und Erzählungen der Protagonisten in den Filmen. Im Dokumentarfilm Journey into Memory erzählen drei Künstler von ihren jahrelangen Gefängnisaufenthalten. Obwohl die Kamera nicht viel mehr als das Innere eines Busses und die drei Männer zeigt, hat man durch ihre Erzählungen das Gefühl, einen grausamen Film zu sehen. Man will den Filmemachern für ihren Mut danken, in teils extremen Situationen ihre Kamera nicht vergessen zu haben und uns so vor Augen führen zu können was es heisst, im Krieg zu leben. So etwa in Our terrible country, ein Dokumentarfilm, der uns auf die Reise in und durch das kriegserschütterte Land mitnimmt. Als Zuschauer ist man „Zeuge» von einem sehr nahen Bombenangriff, sieht die fast ausgestorbenen Ruinenstädte und fragt sich, wie die noch verbliebenen Menschen dort (über-)leben können. Man spürt die Angst, die Wut und gegen Ende der Dokumentation auch die Ohnmacht des Gefilmten sowie des Filmers gegenüber des zerstörerischen Machtregimes, spürt aber zugleich ihre Hoffnung und ihren Willen, aus ihrem schrecklichen Land wieder ein wunderbares zu machen.

Eine andere Art der Reise erlaubt der Film Latcho Drom der Sektion Diaspora, welche sich dieses Jahr den Roma widmete. Latcho Drom, das in Romasprache Gute Reise bedeutet, ist eine geografische, zeitliche und musikalische Reise eines seit jeher vertriebenen Volkes. Als immerzu Vertriebene, fanden und finden sie in der Musik Trost, aber auch Vergnügen. Die Musikalität dieses Volkes wurde im Film unterstrichen, indem kaum gesprochen wurde, sondern nur die Lieder erzählten.

 

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Foto: Singende Zigeunerinnen in Spanien

 

Eine intensive Art des Reisens erlauben die Kurzfilmprogramme. Ein Programm besteht aus sechs Kurzfilme aus allen Ecken der Welt und verschiedensten Themen und Blickwinkeln. Einer der latinoamerikanischen Kurzfilmen der besonders herausstach, ist Ramona, eine 15-minütige Ode an das Leben und den Tod der Mexicanerin Giovanna Zacarías. Ramona, eine 84 jahre alte Dame beschliesst zu sterben. Als die Leute vom Dorf davon erfahren, kommen sie in Scharen, um Ramona Nachrichten zu übergeben, die sie dann ihren geliebten Verstorbenen im Himmel weiterleiten soll. Es ist ein amüsantes Werk über die Verbundenheit der Dorfbewohner, ihren Glauben und zugleich pragmatischen Umgang mit dem Tod.

 

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Foto: Ramona

 

Das FIFF ist jedes Jahr eine wunderbare Art zu reisen. Es vermag die Augen seines Publikums im wahrsten Sinne des Wortes zu öffnen: nicht nur vor der Leinwand, sondern auf beständige Art und Weise. Die Bilder bleiben für lange Zeit im Kopf – zumindest bis zum nächsten Jahr.

 

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