| ZFF 2014 | URUGUAY |
Une nocha sin luna: Wie können wir der Einsamkeit entkommen?
Von Marie Baumann y Michaël Tuil de PuntoLatino©
Der Einsamkeit entgehen: Ein Feuilleton-Film mit drei unterschiedlichen, fesselnd einsamen Charakteren in der Silvesternacht in Uruguay.
Antonio ist ein Zauberer, ein zweitklassiger. Mit seinem weißen Hasen Oliver fährt er durchs Land und tritt bei Dorfveranstaltungen auf. Auf dem Weg zur Silvestershow in einem kleinen Kaff in der Mitte von Uruguay platzt sein Reifen. Weder hat er einen brauchbaren Ersatzreifen, noch erklärt sich der Reparaturdienst bereit, in der Neujahrsnacht auszufahren um ihm zu helfen. Der Zauberer hat keine andere Wahl, als Oliver unter den Arm zu nehmen und zu Fuss zur nahe gelegenen Mautstation zu gehen. Dort trifft er Laura, junge Mutter zweier Kinder, die wie jede Nacht in der Station arbeitet. Ohne Antonio wäre sie allein ins neue Jahr gerutscht, begleitet einzig von der chinesischen Stimme auf ihrer Selbstlern-CD. Zwischen zwei Stromausfällen, an diesem gottverlassenen Ort, lernen sich die beiden Einzelgänger kennen.
César ist Taxifahrer und geschieden. Die Silvesternacht verbringt er bei seiner Ex-Frau und ihrer neuen Familie. Für die wieder schwangere Mutter seines Kindes, ihren neuen Mann und deren Freunde interessiert er sich allerdings wenig. Ihre Gespräche lässt er vielmehr über sich ergehen, um zwischendurch mit unermüdlichen Annäherungsversuchen das Herz seiner fünfjährigen Tochter Lucía wieder zu gewinnen. Mit einem Feuerwerk aus Phantasie und Zärtlichkeit schafft es der einsame, alternde Mann, der Kleinen wieder näher zu kommen. Nach Mitternacht nimmt er sie mit in einen Vergnügungspark und erfüllt ihr den sehnlichen Wunsch, Riesenrad zu fahren. Die Schausteller schalten die Fahrgeschäfte extra für die beiden an und César ist so froh wie lange nicht mehr. Ein erneuter Stromausfall bereitet dem Spass ein jähes Ende.
Miguel Angel sitzt im Gefängnis, zwei Jahre bleiben noch bis zur endgültigen Entlassung. Für Silvester bekommt er aber die Erlaubnis, auf einem Dorffest aufzutreten. Vorort wirft er sich in Schale und bereitet sich darauf vor, nach so langer Zeit wieder aufzutreten. Im Bingo hat er kein Glück und die schlechten Witze des Komikers, der vor ihm auftreten soll, sind kaum zu ertragen. Der dritte eingeplante Künstler, der Zauberer Antonio, ist gar nicht erst erschienen. So kommt Miguel Angel an die Reihe. Doch der Einzige, der ein Ohr für seine Lieder hat, ist der dorfbekannte Trunkenbold, den er selbst heimlich in die Veranstaltung geschleust hat. Ein Stromausfall aber verändert die Stimmung im Saal und in der Dunkelheit singt er sein drittes Lied: Noche Sin Luna.
Drei eindrückliche Charaktere, drei einsame, beinahe unzusammenhängende Geschichten. Noche Sin Luna – wie in einer Nacht ohne Mond das Licht fehlt, so fehlt auch in den Leben der drei Männer etwas Entscheidendes. Der Film zeigt, wie sich Menschen sich gegen die Einsamkeit wehren und kämpfen können. Manchmal mit Erfolg, manchmal nicht. So alltäglich und einfach die Lebenssituationen erscheinen, ist es trotzdem schwierig, das Richtige zu tun und die richtigen Wörter zu finden. Was kann Antonio hervorzaubern, um Lauras Angst vor Nähe zu vertreiben? Welche Geschichten kann César sich ausdenken, um Lucías Zuneigung zurückzuerobern und die einstige Nähe zwischen Vater und Tochter wieder herzustellen? Was kann Miguel Angel tun, um wieder in Kontakt zu Menschen zu treten und sie durch seine Lieder zu berühren? Endgültige Antworten auf diese Fragen kann der Film in 90 Minuten freilich nicht geben, der Zuschauer bleibt mit den Fragen allein.
Indem er sich dem Thema Einsamkeit auf diese fast zärtliche Art und Weise annimmt, hat der Regisseur Germán Tejeira offensichtlich einen Nerv getroffen. Auf dem Zürcher Film Festival jedenfalls hat der Film die Hauptjury überzeugt und die Goldenen Augen im Wettbewerb „Internationaler Spielfilm» gewonnen.
Michaël Tuil y Marie Baumann de PuntoLatino©
El director Germán Tejeira y el actor Marcel Keoroglian frente al cine Corso en Zúrich
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